Sant Jordi: Barcelonas Fest der Liebe und Literatur

Der Georgstag bzw. ’La Diada de Sant Jordi’ steht für Romantik pur (und auch für einen geschickten Schachzug des städtischen Verlagswesens!). Es ist die katalanische Version des Valentinstags. Eigentlich kann man nur an diesem Tag das Besondere und Einzigartige der Stadt sowie ihre Liebe zur Literatur und ihren Einfluss in der Welt wirklich erleben. Im Folgenden wird ausgeführt, auf welch innovative Art und Weise die Legende dieses mittelalterlichen Heiligen in Barcelona ausgelegt wird.

Rosen und Riten

Der Tag des Schutzheiligen von Barcelona, des heiligen Georgs (Sant Jordi), wird schon seit vielen Jahrhunderten gefeiert. Diese überraschend vielseitig begabte Persönlichkeit war ein römischer Soldat, ein christlicher Märtyrer, ein Drachentöter und ein Musterbeispiel des mittelalterlichen Rittertums zugleich. Heutzutage würde man den Heiligen Georg wohl als Multitasking-Talent bezeichnen. Er ist der Schutzpatron von verschiedenen Ländern und Städten auf der ganzen Welt. (Ironischerweise und im Gegensatz zur romantischen Auslegung des Georgstags ist er auch der Schutzheilige von Syphiliskranken.)

Laut der katalanischen Version der berühmten Legende vom Heiligen Georg, in der er einen Drachen tötet und eine Prinzessin rettet, soll eine Rose aus dem verflossenen Drachenblut gewachsen sein. Darauf basiert die bis heute andauernde Tradition, nach der Frauen mit Rosen beschenkt werden. Am 23. April füllen sich die Straßen in Barcelona Jahr für Jahr mit etlichen Blumenständen, und wenn man abends durch die Stadt läuft, wird man kaum eine Frau sehen, die nicht eine Rose dabei hätte.

Das Fest selbst geht jedoch längst über die bloße Verehrung des Schutzpatrons hinaus – und das geht in letzter Konsequenz auf eine geniale Idee eines Buchhändlers aus Barcelona zurück.

Der Schachzug eines Verlegers

Im Jahr 1923 hatte Vincet Claver Andres den Eindruck, dass nicht genug Bücher gekauft würden. Er stellte fest, dass am Georgstag sowohl William Shakespeare als auch Miguel de Cervantes gestorben waren (beide am 23. April 1616). Seitdem revanchieren sich die Frauen bei den Männern für die Rosen, indem sie ihnen ein gutes Buch schenken.

Andres’ Einfall müsste einer der erfolgreichsten seiner Art in der Geschichte sein – auf einem Spaziergang durch Barcelona am ’Dia de Sant Jordi’ findet man an jeder Ecke einen Bücherstand, um nicht zu sagen hunderte von ihnen wie auf den Ramblas. Laut Schätzungen werden an diesem Tag allein 400.000 Bücher verkauft, was ca. 10 % der jährlich verkauften Bücher in Katalonien entspricht.

Sant Jordi Barcelona La Diada de Sant Jordi

Barcelona ist die Verlagsmetropole im spanischsprachigen Raum. Am ’Diada de Sant Jordi’ wird dieser Status in vielfältiger Weise zelebriert. Spätestens als die UNESCO im Jahr 1995 den 23. April zum Welttag des Buches und des Urheberrechts erklärte, wurde die Bedeutung dieses Events deutlich.

Bücher- und Kulturbegeisterte

Doch dieses Fest ist viel mehr als nur ein Buch-Festival – es ist auch eine Feier der katalanischen Sprache und Identität. Wer die Stadt an diesem Tag besucht, den erwartet an allen Ecken ein rot-goldenes Fahnenmeer der katalanischen Flagge. Lokale Bäckereien verkaufen das typische, rot-gold-gestreifte Sant Jordi-Brot, das mit der roten Pastete ’Sobrassada’ angereichert wird. Überall in der Stadt werden literarische Werke rezitiert. Man kann Bücher von Autoren signieren lassen und auf Katalanen treffen, die kostenfreien Sprachunterricht in ihrer Muttersprache anbieten.

Auf der Plaça de Sant Jaume ist an diesem Tag am meisten los. Hier kann man Leute bei der Sardana, dem katalanischen Nationaltanz, beobachten und auch selbst mitmachen. Der Sitz der katalanischen Regierung, der Palau de la Generalitat, ist mit roten Rosen geschmückt und an diesem Tag ausnahmsweise für die Öffentlichkeit geöffnet. Aufgrund all dieser Ereignisse ist ’La Diada de Sant Jordi’ das beste Event des Jahres in Barcelona.

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